Tuberkulose
Es ist Zeit, die tödlichste Infektion der Welt zu besiegen
- Buch
- Green, John
- Hanser, 2025. - 211 Seiten
Es sei seltsam, dass sich Geschichte so wenig mit Krankheiten beschäftige, stellt Bestsellerautor und Videoblogger John Green überrascht fest. Dabei hätten diese massive Auswirkungen auf Biografien und begleiten die Menschheit zum Teil schon seit vielen Jahrtausenden, so stünde etwa die in diesem Band behandelte und lange Zeit als „Schwindsucht“ bekannte Tuberkulose sogar als älteste Infektionskrankheit im Guinness-Buch der Rekorde. Tuberkulose (Tb) ist eine von Bakterien durch Tröpfcheninfektion verbreitete Infektionskrankheit, die zumeist die Lunge angreift, aber auch andere Organe betreffen kann. Erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist eine wirksame Behandlung möglich, doch aufgrund hoher Kosten und notwendiger Infrastruktur für Diagnostik und Behandlung ist Tb im Globalen Süden nach wie vor weitverbreitet. John Green ist mit „Tuberkulose“ daher weniger an einer teleologischen Darstellung des medizinischen Fortschritts interessiert, sondern erzählt anhand der Infektionskrankheit eine Geschichte globaler Ungleichheiten und Machtverhältnisse. So seien seit der Entdeckung erfolgreicher Behandlungsmöglichkeiten geschätzt 150 Millionen Menschen an Tuberkulose gestorben, die Ausbreitung der Krankheit spiegle Strukturen kolonialer Ausbeutung wider und treffe nach wie vor besonders vulnerable Gruppen am Härtesten. Tb sei somit „sowohl eine Form, als auch ein Ausdruck der Ungerechtigkeit auf der Welt“, hält Green fest. In kompakten Kapiteln erzählt er anschaulich, anekdotisch und mit Bezug auf persönliche Erfahrungen von ersten Spuren der Tuberkulose in archäologischen Funden, Begegnungen mit Tb-Kranken in Sierra Leone, vom Tuberkulin-Skandal um Robert Koch, der gefährlichen Verschränkung von HIV und Tb auf dem afrikanischen Kontinent, gesellschaftlichen Manifestationen des Rassismus und dem eigenen aktivistischen Engagement zur Bekämpfung der Krankheit. Indem Green historische und gegenwärtige Perspektiven auf Tuberkulose miteinander verknüpft und aufzeigt, wie gesellschaftliche Deutungen der Krankheit strukturelle Ungleichheiten hervorbringen und verfestigen, macht er deutlich, dass Krankheit nicht ein rein medizinisches Phänomen, sondern auch ein kulturell geprägtes Konstrukt ist. Vor allem aber ist „Tuberkulose“ ein Plädoyer für globale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung: „Über viele Jahrhunderte hat die Krankheit von Voreingenommenheit und blinden Flecken profitiert und Wege genommen, die gesellschaftliche Ungerechtigkeiten gebahnt haben.“ Dass dies nicht so bleiben muss, zeigt Green nicht zuletzt mit Verweis auf erfolgreiche Gesundheitsprogramme und Kampagnen von Betroffenen.