The permanent members of the United Nations Security Council and international law
- Buch
- Hilaire, Max
- Logos, 2025. - 376 Seiten
Sei es der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, der Krieg in Israel und Gaza, der Bürgerkrieg im Sudan, transnationale Terrorismen, Manifestationen der Klimakrise oder hybride Bedrohungen wie Cyberangriffe – das Völkerrecht sieht sich mit zahlreichen aktuellen Herausforderungen konfrontiert und wird regelmäßig als Hoffnungsträger adressiert. Gleichzeitig wird politisch sowie von Akteuren aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft wiederholt Kritik an der Durchsetzungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit völkerrechtlicher Institutionen laut, die sich auf Rechtsbrüche großer Staaten und insbesondere das Verhalten des UN-Sicherheitsrats bezieht. Der Sicherheitsrat ist das wohl mächtigste Organ der Vereinten Nationen, dem die Mitgliedsstaaten laut UN-Charta „die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ übertragen und explizit anerkennen, dass der Sicherheitsrat die damit einhergehenden Aufgaben und Pflichten stellvertretend in ihrem Namen wahrnimmt. Dabei besteht der Sicherheitsrat aus fünfzehn Staaten, wobei lediglich fünf davon ständige Mitglieder und in Besitz eines vieldiskutierten Vetorechts sind. Diese fünf ständigen Mitglieder (häufig auch als „P5“ abgekürzt) reflektieren die Kräfteverhältnisse der unmittelbaren Nachkriegszeit post-1945 und umfassen die Vereinigten Staaten, das heutige Russland, Frankreich, die Volksrepublik China und das Vereinigte Königreich. Max Hilaire untersucht in der vorliegenden Monografie eingehend, wie sich diese fünf Staaten – die formalisierten „Hüter“ des Weltfriedens – zum Völkerrecht verhalten, es in ihrer nationalen Gesetzgebung adaptieren und als außenpolitisches Instrument nutzen. Dabei konzentriert sich der Professor für Internationale Beziehungen nicht allein auf die Ära der Vereinten Nationen, sondern berücksichtigt auch die historische Genese des Völkerrechts, indem er etwa den Westfälischen Frieden, die multipolare europäische Pentarchie des 19. Jahrhunderts oder Erfahrungen des Völkerbundes behandelt. Der Schwerpunkt liegt freilich auf der Darstellung der völkerrechtlichen Gebarung der P5 seit 1945 und inkludiert nationale Rechtsprechung, das Verhältnis zu spezifischen Rechtsmaterien sowie kontrovers diskutierte Maßnahmen und Interventionen der Großmächte, die auf die Einhaltung völkerrechtlicher Verpflichtungen hin untersucht werden. Wie Hilaire herausarbeitet, waren vor allem die beiden Antagonisten USA und UdSSR (bzw. in Nachfolge die Russische Föderation) jene Sicherheitsmächte mit den eklatantesten Völkerrechtsverstößen: „Although the Permanent Members are expected to comply with international law and have a due to do so given their responsibility under the Charter for maintaining international peace and security, they have not lived up to their legal obligations. For them, the law applies to every other state but not to themselves and their allies.” Gleichzeitig betont der Verfasser, dass auch Staaten ohne permanente Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat eine ähnliche Zugangsweise entwickelt hätten und nennt als Beispiele insbesondere jene Staaten, die dem Atomwaffensperrvertrag nicht beigetreten sind oder gegen diesen verstoßen (Indien, Pakistan, Iran, Israel, Nordkorea). Die schwache Einhaltungsmoral der P5 und anderer Großmächte dürfe jedoch nicht zum Schluss verleiten, dass das Völkerrecht an Relevanz eingebüßt hätte, so Hilaire. Im Gegenteil argumentiert er, dass das Völkerrecht nie zuvor so populär und allgegenwärtig gewesen sei, eine völlige Negierung des Völkerrechts sei für Nationalstaaten nicht möglich, da es doch damit ihre eigene Existenz untergraben würde. Das hängt für ihn schließlich auch mit Völkerrechtsverletzungen der P5 zusammen: „Whenever a Permanent Member of the Security Council violates international law, it weakens the legitimacy of international law. But simultaneously, it also gives legitimacy to international law because the same states that broke the law use legal justifications to explain their actions, although their legal arguments are generally not persuasive. However, it is an indication that international law matters.”