Costa Rican Technical and Vocational Education and Training

Dank einer Reihe an Reformen, Anpassungsprozessen und internationalen Kooperationen erfreut sich die Berufsbildung (Technical Education and Vocational Training, TVET) in Costa Rica einer erhöhten Aufmerksamkeit, leiten Irina Rommel und Dietmar Frommberger für die Herausgeber_innen den vorliegenden Sammelband ein. Von Relevanz seien in diesem Zusammenhang etwa die rezente Einführung eines dualen Berufsbildungssystems, Herausforderungen in der Qualifizierung von Lehrpersonal oder akademische Forschungsbedarfe. Es sei insofern schlüssig, dass sich die internationale Zusammenarbeit Deutschlands mit dem zentralamerikanischen Staat stark auf das Feld der Berufsbildung konzentriere und auch die Herausbildung einer entsprechenden Forschungslandschaft seit den frühen 2000er-Jahren unterstütze. Der Sammelband „Costa Rican Technical and Vocational Education and Training“ ist ein Resultat des vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts CoRiVET und reflektiert Herausforderungen, Erfahrungen und strategische Überlegungen zu beruflicher Lehrer_innenbildung und der Berufsbildungsforschung in Costa Rica. So wird etwa die Rolle politischer Rahmenbedingungen und ideologischer Grundannahmen verhandelt, wobei argumentiert wird, dass sich das gegenwärtige neoliberale Entwicklungsmodell stark in der Berufsbildung niederschlage und diese Gefahr laufe, strukturelle Ungleichheiten zu verschärfen: „The findings suggest that current TVET policies in Costa Rica, which prioritize the state’s role in serving specific economic sectors, risk perpetuating socio-economic inequality. Public actions in TVET between 2016 and 2024 have not adequately addressed structural issues, particularly those affecting vulnerable populations in contrast to higher-income groups. This imbalance limits the potential of TVET to contribute to equitable socio-economic development.” Andere Beiträge befassen sich mit Schnittstellen zwischen Berufsbildung und dem produktiven Sektor, der Rolle von Universitätsprofessuren oder wichtigen Institutionen im costa-ricanischen Berufsbildung (etwa dem Instituto Nacional de Aprendizaje). Wiederholt ist duale Berufsbildungssystem – nach dem Modell Deutschlands, Österreichs und der Schweiz – Thema, wobei dieses nicht als Allheilmittel diskutiert wird, sondern die Autor_innen etwa mit Verweis auf andere lateinamerikanische Staaten argumentieren, dass spezifische Adaptionen und Berücksichtigung bestehender Strukturen von besonderer Bedeutung seien. Dabei gelingt es dem Sammelband, sowohl costa-ricanische als auch deutsche Perspektiven auf die Zusammenarbeit einzubringen und die Ambivalenzen eines in Bewegung befindlichen Politikfeldes samt diversem Ensemble an beteiligten Akteur_innen differenziert zu betrachten. Insgesamt reflektiert der Band drei zentrale Herausforderungen für die costa-ricanische Berufsbildung, die auf die Ausbildung qualifizierter Arbeitskräfte, die Kompetenzen der Ausbildner_innen sowie die Implementierung und Anpassung des dualen Systems an die Bedürfnisse und Potenziale des zentralamerikanischen Staates abzielen, welcher aufgrund politischer Stabilität und robuster Demokratie als wichtiger Partner der deutschen Entwicklungszusammenarbeit erachtet wird.