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Zeit der Glühwürmchen


Cover des Buches
  • Buch
  • Abubakar Adam Ibrahim
  • Residenz, 2025. - 395 Seiten

„Künstler trifft Zug“ ist die erste Episode von Abubakar Adam Ibrahims neuem Roman „Zeit der Glühwürmchen“ betitelt: „Als Yarima Lalo an einem heißen Junitag zum ersten Mal einen Zug in die Idu Station von Abuja einzuckeln sah, fiel ihm auch zum ersten Mal ein, dass er vor vielen Jahren in einer alten Eisenbahn mit abgenutzten, seegrasgrünen Sitzen ermordet worden war.“ Am Bahnhof der im Rahmen der chinesischen Belt and Road Initiative („Neue Seidenstraße“) erbauten Eisenbahnlinie von Abuja nach Kaduna trifft der eigenbrötlerische Maler Yarima Lalo nicht nur auf ein früheres, jäh beendetes Leben, sondern begegnet in Form der jungen Mutter Aziza auf Umwegen auch seiner Zukunft. Wie schon der vielfach ausgezeichnete Debütroman „Wo wir stolpern und wo wir fallen“ (2017) wird auch „Zeit der Glühwürmchen“ wieder von intensiven zwischenmenschlichen Beziehungen getragen, die jedoch diesmal nicht ausschließlich in der Gegenwart stattfinden, sondern Wirklichkeiten überschreiten. Zweimal wurde Yarima Lalo in früheren Leben aus Eifersucht ermordet, Schritt für Schritt tastet sich der Protagonist dieser Vergangenheit an und beginnt, Fragmente der Erinnerung zu einem neuen Selbstbild zusammenzusetzen. Seine Reisen durch Flashbacks und Dejavus – in Kornfelder, staubige Ateliers, geschäftige Märkte – werden zu einer Suche nach innerem Frieden. Immer wieder kreuzt Aziza, selbst dabei auf der Flucht vor familiären und gesellschaftlichen Zwängen, seinen Weg. Doch „Zeit der Glühwürmchen“ handelt nicht bloß von Wiedergeburt, Jenseits oder Vorherbestimmung  – es ist eine transzendentale Meditation über Erinnerung, Verlust und die unbändige Kraft menschlicher Verbindung. En passant verhandelt der Autor dabei politisches Versagen, eklatante Korruption, familiären Missbrauch und Gewalt, aber auch gesellschaftlichen Wandel, Widerstand und Strategien der Emanzipation.
Mit „Zeit der Glühwürmchen“ gelingt dem nigerianischen Autor ein großer Roman, der stilistisch Anleihen an Klassikern des magischen Realismus nimmt und die lange Tradition des epischen Gangs in die Unterwelt erfrischend weiterspinnt. Durch bildgewaltige Sprache und eine originäre Poetik überzeugt Abubakar Adam Ibrahim abermals – und fängt das „Hufgetrappel der Erinnerung“ bedingungslos farbenfroh ein.