Cover des Buches

Getachew, Adom
Die Welt nach den Imperien
Aufstieg und Niedergang der postkolonialen Selbstbestimmung
Berlin: Suhrkamp, 2022. - 437 S.
ISBN 9783518587898

ÖFSE-Signatur:

28379

Völkerrecht ; Entkolonialisierung ; Selbstbestimmungsrecht ; Weltordnung

Die äthiopisch-amerikanische Politikwissenschaftlerin Adom Getachew zeichnet in ihrem mehrfach ausgezeichneten Debüt Konjunkturen der postkolonialen Selbstbestimmung mit zentraler Bezugnahme auf Protagonist_innen des „Black Atlantic“ nach. Anhand des Denkens und Handelns von etwa Kwame Nkrumah, Eric Williams, Julius Nyerere oder W.E.B. Du Bois argumentiert Getachew, dass die dekolonialen Bewegungen der ersten Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg weitaus mehr waren als nur Kämpfe für nationale Selbstständigkeit, sondern revolutionäre Visionen einer egalitären, postimperialen Weltordnung verfolgten: „Von unserer Warte aus betrachtet scheint der Übergang vom Imperium zur Nation im 20. Jahrhundert ein zwangsläufiger gewesen zu sein. Und tatsächlich markierte dessen Universalisierung zwar einen wichtigen Triumph über den europäischen Imperialismus, steht aber auch für eine politische Organisationsform, die unfähig ist, die Ideale einer demokratischen, egalitären und antiimperialen Zukunft in die Realität umzusetzen.“ Anschaulich skizziert Getachew den Grundgedanken, das Imperium weiter zu fassen als die bilateralen Beziehungen zwischen Kolonisierenden und Kolonisierten, sondern den rechtlichen und wirtschaftlichen Manifestationen der (rassifizierten) Ungleichheit in der internationalen Ordnung eine ebenso radikale, globale Programmatik entgegenzustellen. Dabei nennt sie insbesondere drei konkrete Vorhaben als Bestandteil dieser Idee, nämlich die Institutionalisierung des Rechts auf Selbstbestimmung bei den Vereinten Nationen, die Gründung regionaler Föderationen und die sogenannte Neue Weltwirtschaftsordnung (NWWO). Auf Basis umfangreicher Archivrecherchen in Barbados, der Schweiz, Trinidad, Ghana und Großbritannien erzählt sie die Ideengeschichte nach, diskutiert Erfolge und kennzeichnet Selbstbestimmung sowie Gleichheit als genuin afrikanische Ideen. Den Niedergang der postkolonialen Selbstbestimmung und die neuerliche Konsolidierung einer Weltordnung unter imperialem Vorzeichen will Getachew letztlich nicht als endgültiges Scheitern der Idee ansehen und erkennt in der Black-Lives-Matter-Bewegung oder karibischen Forderungen nach Reparationszahlungen für Sklaverei neue Formationen in der antikolonialen Tradition postimperialer Weltgestaltung.

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