Einwanderungspolitik ; Globalisierung ; Europa
Mit der Erosion der bipolaren Weltordnung rund um die Wende 1989 sahen viele ein „Ende der Geschichte“ hereinbrechen, demzufolge sich die (liberale, westliche) Demokratie und ihre marktwirtschaftliche Verfasstheit gegen Konkurrenzsysteme durchgesetzt hätte. Achim Engelberg scheint – auch mit Blick auf die seitdem vergangenen drei Jahrzehnte – vielmehr ein Theorieangebot Antonio Gramscis zu präferieren, das „Interregnum“ als krisengeprägte Übergangsepoche: „Die alte Welt liegt im Sterben, die neue ist noch nicht geboren: Es ist die Zeit der Monster (…)“, zitiert der Publizist und Historiker den marxistischen Denker und führt neue autoritäre Akteure, massive soziale Ungleichheit und populistische Stigmatisierung von Geflüchteten als Phänomene dieses Zeitalters an. Engelbergs Band ist aber weniger theoretischer Erklärungsversuch, als vielmehr essayistische Reise an die Ränder des krisenverhafteten Kontinents Europa. Kulturhistorisch erzählt der Autor vor allem von der osteuropäischen „Peripherie“, etwa der Balkanroute, der Ukraine oder er Türkei. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen der gesellschaftlichen Organisation, des Zusammenlebens und der Flucht. In einer Kombination aus anekdotischer Assoziation und präzisem Analyseinteresse, vor allem aber aufgrund des multiperspektivischen Panoramas, das sich aus der Vielzahl an Gesprächspartner_innen ergibt, die in „An den Rändern Europas“ zu Wort kommen, versucht Engelberg nicht nur eine Rückschau der tiefgreifenden Veränderungen, sondern auch zuversichtliche Perspektiven für die Zukunft zu formulieren – was freilich herausfordernd genug ist: „Widersprüchlich bleiben die Hoffnungen, denn bekanntlich bewegt sich Geschichte nur in Zeiten, wenn sich vielfältige Krisen verbinden und dadurch Kräfte sich bündeln, die diese überwinden. Dies geschieht nicht freiwillig, sondern unter nicht ausgesuchten Umständen.“